Hertha Wiegand

Mit Hertha Wiegand als Namensgeberin für unsere Schule erinnern wir an eine Frauen- und Kinderärztin, die weit über Offenburg hinaus bekannt und  wegen ihrer engagierten Hilfsbereitschaft  beliebt war.

Das Leitbild unserer Schule heißt: Mut machen – Wege finden – Brücken bauen. Es ist auf unsere Schülerinnen und Schüler und ihre Familien bezogen und weist in die Zukunft. Mit dem neuen Namen Hertha-Wiegand-Schule bauen wir auch eine Brücke in die Vergangenheit und halten damit die Erinnerung an eine Persönlichkeit wach, deren Wirken und deren Lebensweg nicht vergessen werden soll.

Hertha Wiegand, geb. Lion, kam am 6. Juli 1890 als Kind einer jüdischen Familie in Ettenheim zur Welt. Sie legte im dortigen Gymnasium ihr Abitur ab und studierte Medizin in Freiburg, München und Heidelberg. Im Jahr 1915 heiratete sie ihren evangelischen Studienkollegen Otto Wiegand, mit dem sie zunächst in Hinterzarten, dann in Düsseldorf tätig war. 1919 ließen sich die Wiegands in Offenburg nieder, wo sie in der Friedrichstraße 55 eine gemeinsame Praxis eröffneten.

1920 kam die Tochter Dorothea zur Welt. Nach dem Tod ihres Mannes – er starb im Jahr 1925 an den Folgen einer Kriegsverletzung – führte Hertha Wiegand die Praxis als Frauen- und Kinderärztin allein weiter.
1928 zog sie mit ihrer Tochter in die Wasserstraße 8 um. Dort erinnert heute ein Stolperstein an Hertha Wiegand. Obwohl sie nach dem Tod ihres Mannes aus der jüdischen Glaubensgemeinschaft ausgetreten war und konfessionslos blieb, wurde ihr 1938 wegen ihrer jüdischen Abstammung von den Nationalsozialisten die Ausübung ihres Berufes endgültig verboten.

Gerade der sozialpädiatrische Zweig der Kinderheilkunde war zu einem großen Teil durch jüdische Ärztinnen und Ärzte aufgebaut worden, die mit dem NS-Regime ihre Arbeit und Existenz verloren. Von den 1.400 Kinderärzten, die es in Deutschland 1933 gab, mussten 800 jüdische Ärztinnen und Ärzte ihre Praxis schließen. So auch Hertha Wiegand.

Als sie schwerkrank 1944 nach Theresienstadt deportiert werden sollte, nahm sie im Zug von Offenburg nach Karlsruhe Tabletten und verstarb am 12. Januar 1944 in Karlsruhe. Ihre Tochter Dorothea hat sie auf der Zugfahrt bis Karlsruhe begleitet.

Bemerkenswert ist neben ihrem  sozialen Engagement -  sie setzte sich besonders auch für die medizinische Betreuung finanziell schwächerer Bevölkerungsschichten ein – ihre zu damaliger Zeit fortschrittliche Denkweise: Sie interessierte sich für psychosomatische Zusammenhänge und  stand  in einem Briefwechsel mit Sigmund Freud.

Quellen:
Bildnisse aus Offenburg, Porträts aus 4 Jahrhunderten, Weschenfelder, 1984
Peter, C. (2014): Historische Erziehungskonzepte der Pädiatrie. In: Flitner et al. (Hrsg.) Chronisch kranke Kinder in der Schule (2014), Stuttgart (82 – 108).